Wanderlied von Gesellen auf der Walz

Brüder, seht Ihr nicht die Sonne,
lasst uns Reisen welche Wonne
jetzt und ist die schönste Zeit.
Wer sich will die Zeit vertreiben,
der muss nicht zu Hause bleiben,
dass es ihm hernach nicht reut.

Ist das Bündel fest geschnüret
und das Wanderbuch visieret,
nehmt den Wanderstab zur Hand.
Wer will fremde Städte sehen,
der muss in die Fremde gehen,
muss zu Wasser und zu Land.

Darum, Brüder, seid nur munter
geht die Sonne abends unter,
morgens geht sie wieder auf.
Denn in unsern Wanderjahren
müssen wir oft viel erfahren,
Geld und Uhr gehen oftmals drauf.

Wollt ihr wahre Freude fühlen
müsst ihr nicht mit Karten spielen,
denn das Glück geht auf und ab.
Mancher ist oft reich geboren
und hat Geld und Gut verloren,
kam dabei an den Bettelstab.

Wollt ihr froh die Zeit verbringen
müsst ihr auch ein Liedchen singen,
denn bei Liedern schmeckt der Wein.
Wer noch will ein Gläschen trinken
muss dem Herbergsvater winken,
Vater schenke noch mal ein.

Müsst ich auch beim Vater borgen
macht euch darum keine Sorgen,
der bleibt immer noch ein Mann.
Wenn er schreibt die Nummer Eine
hat die Kreide oft zwei Beine,
jeder hilft sich wie er kann.

Sind in Arbeit wir gekommen
wird die Reise unternommen,
wo es schöne Mädchen gibt.
Ach wie viele Stunden
hat so mancher schon empfunden,
wen er findet was er liebt

Wer in Unschuld Mädchen Liebet
und sie niemals hat betrübet,
der empfängt den schönsten Lohn.
Muss er wieder von ihr scheiden
wird die Liebe bei ihm bleiben,
denn im Herzen ist ihr Thron.

Darum nützt die Wanderjahre,
wenn wir liegen auf der Bahre
reisen wir aus dieser Welt.
Jeder muss am besten wissen,
wann er will sein Mädchen küssen
pflückt die Rose eh sie fällt.

Alle Maurer sollen leben
Zimmerleute auch daneben,
die da bauen Kirch und Haus.
Steckt der Kranz erst auf der Spitze
schwenken wir den Hut, die Mütze
halten einen frohen Schmaus.

Unter diesem grünen Kranze
führen Mädchen wir zum Tanze.
Jubeln bis die Sonne scheint.
Und ´nen Kuss in allen Ehren
kann ein Mädchen nicht verwehren,
wird von ihr auch nicht beweint.


Noten und Sonne
Bei „Brüder seht Ihr nicht die Sonne“ handelt es sich um ein Wanderlied fahrender Handwerksgesellen. Es entstand zur Zeit des 19. Jahrhunderts. Es wird zu der Musik des Soldatenliedes „Prinz Eugen der edle Ritter“ (5/4-Takt) gesungen.


Das Lied wurde von diversen Künstlern gesungen, wie zum Beispiel Arthur Schröder, dem singenden Steinmetz.